Bunnahabhain Eirigh Na Greine Whisky

Ein Whisky, der mich nicht mehr loslässt

Als ich zum ersten Mal vom Bunnahabhain Eirigh Na Greine Whisky hörte, war ich ehrlich gesagt nur neugierig. Ein Name, der „Morgenhimmel“ bedeutet, dazu eine Herkunft von Islay, aber ganz ohne den typischen Torfrauch? Das klang anders. Und anders ist genau das, was ich gesucht hatte. Ich erinnere mich noch gut an den Moment im Duty-Free-Shop, als ich die Flasche zum ersten Mal in der Hand hielt. Dunkles Glas, schlichte Etikettierung, und doch hatte sie etwas Ehrliches. Kein übertriebener Prunk, kein Versuch, etwas zu sein, was sie nicht ist.

Seitdem begleitet mich dieser Tropfen durch viele Abende. Er steht nicht nur im Regal, er steht präsent auf dem Beistelltisch. Es ist dieser Whisky, den ich nicht nur trinken, sondern erleben will. Nicht einfach ein Getränk – eher ein stiller Begleiter, der einen Moment einfängt, ohne ihn zu überfrachten.

Woher kommt dieser Tropfen eigentlich?

Bunnahabhain liegt auf Islay, einer Insel, die für ihre rauchigen Whiskys berüchtigt ist. Aber Bunnahabhain tanzt schon immer ein wenig aus der Reihe. Sie arbeiten mit ungetorftem Malz, setzen auf eine klare Struktur und überraschen mit Finesse statt Wucht.

Die Brennerei wurde bereits im Jahr 1881 gegründet. Sie liegt abgelegen, direkt am Sound of Islay, mit Blick aufs Wasser. Der Weg dorthin ist holprig, aber genau das gehört dazu. Wer Bunnahabhain besucht, macht das nicht aus Zufall. Es ist eine bewusste Entscheidung.

Wenn man durch das schwere Holztor tritt, spürt man sofort: Hier wird gearbeitet, nicht inszeniert. Der Geruch von Malz liegt in der Luft, irgendwo dampft ein Bottich, und aus der Ferne hört man das Klirren der Fässer. Ich war noch nie persönlich dort – aber allein der Gedanke daran lässt mich diesen Whisky noch mehr schätzen.

Der Eirigh Na Greine war ursprünglich nur für den Reisehandel gedacht. Eine dieser Editionen, die man nicht an jeder Ecke findet. Reifte in französischen und italienischen Rotweinfässern – das allein weckt Erwartungen. Ich wollte wissen, ob er ihnen gerecht wird. Spoiler: Er tut es.

Der erste Eindruck: Nase, Gaumen, Nachklang

Wie riecht er?

Schon beim Öffnen der Flasche lag etwas in der Luft, das ich nicht direkt greifen konnte. Kein Rauch, keine Schärfe. Dafür Frucht. Himbeeren, ein bisschen Vanille, dazu etwas Honig. Irgendwie einladend. Ich musste zweimal riechen, weil sich die Aromen nach ein paar Minuten noch weiterentwickelt haben. Da war plötzlich Karamell. Und ein Hauch von Leder.

Einmal ließ ich ihn fast 15 Minuten im Glas stehen. Der Geruch veränderte sich erneut. Jetzt kam etwas Trockenfruchtiges dazu – vielleicht Feige? Auch ein wenig Zimt und geröstetes Holz. Diese Komplexität im Duft habe ich so nicht erwartet.

Wenn man das Glas langsam unter die Nase führt und nicht sofort trinkt, eröffnet sich eine ganze Welt. Man merkt, dass hier Weinfässer im Spiel waren – diese warme, dunkle Note von Beeren, fast wie ein alter Bordeaux. Aber nicht aufdringlich. Sondern eingebettet in etwas Weiches.

Der Geschmack

Der erste Schluck war weich. Kein Alkoholstich, nichts Kantiges. Vielmehr etwas, das ich als Aprikose beschreiben würde. Dazu eine leicht würzige Note – Pfeffer, vielleicht etwas Muskat. Und dann war da eine angenehme Salzigkeit, wie man sie manchmal bei Islay-Whiskys findet, aber ganz subtil. Kein Aufdrängen, eher ein Mitspielen.

Beim zweiten und dritten Schluck zeigte sich mehr. Die Fruchtigkeit wurde intensiver. Rote Johannisbeeren, ein bisschen Kirsche. Gleichzeitig aber auch etwas Herbes, fast wie Schwarztee. Die Textur war cremig, fast ölig. Und wieder diese unterschwellige Mineralität, die mich irgendwie ans Meer denken lässt.

Was mich besonders fasziniert: Er verändert sich im Glas. Je länger man wartet, desto mehr schiebt sich diese samtige Holznote in den Vordergrund. Kein Fassgeschmack im Sinne von Vanille-Bombast, sondern eher wie das leise Knacken eines alten Eichenregals in der Wärme.

Der Abgang

Nicht besonders lang, aber auch nicht flüchtig. Mittellang würde man wohl sagen, aber das trifft es nicht ganz. Er bleibt auf der Zunge, nicht vordergründig, sondern als Spur. Etwas Holz, etwas Nuss. Und ein winziger Rest von dunkler Schokolade.

Ich habe Whiskys getrunken, die einen stundenlang verfolgen. Der Eirigh Na Greine gehört nicht dazu. Aber das ist auch gar nicht nötig. Seine Zurückhaltung ist keine Schwäche – sie ist ein Stilmittel. Er verabschiedet sich, bevor es langweilig wird.

In bestimmten Momenten – zum Beispiel nach einem langen Spaziergang in der Kälte – wirkt dieser Nachklang fast wie eine Umarmung. Still, aber da.

Wofür ist dieser Whisky gut?

Ich trinke ihn nicht jeden Tag. Er ist nicht der Whisky, den ich Freunden beim Grillen einschenke. Dafür verlangt er zu viel Aufmerksamkeit. Aber wenn ich allein bin, wenn der Abend ruhig wird und die Gedanken sich sortieren – dann greife ich genau zu diesem Glas.

Es gab Abende, an denen ich ihn geöffnet habe, während draußen der Regen gegen die Scheiben peitschte. Ich saß am Fenster, das Glas in der Hand, und ließ den Tag Revue passieren. Er zwingt mich nicht dazu, ihn groß zu analysieren. Aber wenn ich will, gibt er mir genug Stoff zum Nachdenken. Diese Mischung aus Fruchtigkeit, Würze und einem Hauch Meer ist selten. Vielleicht mag ich ihn deshalb so sehr.

Ich kenne Menschen, die ihn zu Käse trinken. Andere schwören auf dunkle Schokolade als Begleitung. Ich finde: Er braucht nichts. Er kann allein stehen.

Trotzdem habe ich ihn einmal zu einem Hirschragout serviert. Das war mutig, aber es hat gepasst. Der Weincharakter, der sich durchzieht, harmoniert mit Wild. Seitdem weiß ich: Manchmal lohnt es sich, etwas zu riskieren.

Preis-Leistungs-Verhältnis: Fair genug

Er ist nicht billig. Aber auch nicht abgehoben. Wenn man bedenkt, dass er in speziellen Rotweinfässern reifte und limitiert ist, dann passt der Preis. Ich habe ihn bei einem Zwischenstopp in einem Duty-Free-Shop mitgenommen, ohne viel darüber nachzudenken. Heute bin ich froh darüber.

Inzwischen habe ich ihn auch in ein paar Online-Shops gesehen – manchmal günstiger, manchmal nicht. Aber das spielt für mich kaum eine Rolle. Wenn etwas besonders ist, darf es das auch sein.

Was viele nicht bedenken: Solche Abfüllungen sind oft schneller weg, als man denkt. Und wenn sie erst einmal vergriffen sind, dann war’s das. Deshalb habe ich mir inzwischen eine zweite Flasche zugelegt. Ungeöffnet. Für später.

Was andere sagen

Ein Freund von mir, der sich selbst als Purist bezeichnet, war anfangs skeptisch. Rotweinfässer seien Spielerei, meinte er. Aber nach dem zweiten Dram war er still. Und das will etwas heißen.

Ein anderer Bekannter, der beruflich mit Spirituosen zu tun hat, beschrieb ihn als „überraschend ausgewogen“. Und das trifft es gut. Überraschung und Ausgewogenheit – das ist selten.

Ich habe auch Meinungen gelesen, die sich über fehlende Tiefe beschweren. Dem kann ich nicht zustimmen. Der Whisky hat Tiefe. Man muss sich nur darauf einlassen.

In einem Tasting-Abend, bei dem ich diesen Whisky mitgebracht habe, war er der stille Gewinner. Keine großen Ausrufe, keine Show. Aber am Ende waren die Gläser leer – und die Fragen groß.

Zusammengefasst

Wer nach einem Whisky sucht, der anders ist, ohne laut zu sein, sollte sich den Bunnahabhain Eirigh Na Greine anschauen. Kein Rauchmonster. Kein Mainstream. Sondern ein Tropfen, der zeigt, was man mit Geduld, guten Fässern und einem klaren Ziel erreichen kann.

Ich bereue keinen Schluck davon. Und manchmal, wenn ich das Glas hebe und der erste Duft in meine Nase steigt, denke ich daran zurück, wie ich ihn zum ersten Mal probiert habe. In einem kleinen, stillen Moment. Nur ich und der Geschmack des „Morgenhimmels“.

Und vielleicht, wenn die Zeit reif ist, öffne ich auch die zweite Flasche. Aber bis dahin bleibt sie geschlossen. Nicht aus Angst, sondern aus Respekt.