Octomore 13.3 Whisky: Eine persönliche Annäherung
Ich erinnere mich noch genau an den ersten Schluck Octomore 13.3. Es war einer dieser Abende, an denen der Wind vom Meer her über die Küste bläst und die Luft nach Salz und Tang riecht. Die Flasche stand unauffällig auf dem Regal, dunkel, schlicht, fast schon geheimnisvoll. Ich hatte viel über diesen Whisky gehört – und noch mehr gespürt, bevor ich ihn probiert hatte. Was danach folgte, war kein einfacher Genussmoment, sondern der Beginn einer kleinen Reise.
Herkunft und Herstellung: Der Geist von Islay
Die Gerste von der Insel
Das Besondere am Octomore 13.3 ist nicht nur sein Geschmack, sondern auch seine Herkunft. Die Gerste wächst direkt auf der Insel Islay – genauer gesagt auf der Octomore Farm. Für viele ist das nur ein Detail. Für mich ist es der Anfang der Geschichte.
Wenn man über die Felder dort läuft, merkt man schnell, dass das hier kein Industrieprojekt ist. Das ist Handwerk, Nähe zur Natur, echte Hingabe. Diese Gerste hat Wind und Regen abbekommen, salzige Luft geatmet und den Boden gespürt, aus dem sie wächst. Genau das schmeckt man auch später im Glas. Und was noch wichtiger ist: Die Menschen vor Ort haben eine Verbindung zu dem, was sie tun. Das ist spürbar.
Oft hört man, dass Herkunft im Whisky nur Marketing ist. Doch beim Octomore 13.3 ist es anders. Die Insel Islay hinterlässt ihre Spuren – nicht nur im Rauch, sondern in der Seele des Whiskys. Und das macht ihn so besonders.
Die Reifung und die Fässer
Der Octomore 13.3 reift in einer Kombination aus amerikanischen Whiskeyfässern und europäischen Eichenfässern, darunter auch solche aus Rivesaltes und Ribera del Duero. Klingt wie ein wildes Experiment – ist es auch. Aber eines, das funktioniert.
Was das bedeutet? Die Süße und Vanille aus den Bourbonfässern trifft auf die fruchtige Tiefe der europäischen Hölzer. Fünf Jahre Reifung, das klingt erstmal nicht nach viel. Aber dieser Whisky ist jung und wild – und das steht ihm. Er braucht keine zehn oder zwanzig Jahre im Fass, um Eindruck zu machen. Er zeigt, was möglich ist, wenn man mit Mut und Erfahrung an die Sache herangeht.
Besonders auffällig finde ich die Balance: Trotz der Wucht und der hohen ppm-Zahl bleibt der Octomore 13.3 erstaunlich zugänglich. Das spricht für das Fingerspitzengefühl, mit dem bei Bruichladdich gearbeitet wird. Man merkt, dass hier nicht einfach auf Torf „hochgedreht“ wurde. Es ist eine Komposition – keine Provokation.
Aromen und Eindrücke: Ein Tasting mit Überraschungen
Die Nase: Rauch trifft Garten
Der erste Eindruck in der Nase ist klar: Rauch. Aber nicht aufdringlich. Kein verbranntes Gummi, kein Qualm. Sondern eher wie ein Lagerfeuer am Strand, das langsam runtergebrannt ist. Danach kommt etwas Unerwartetes: grüne Früchte, ein Hauch Rose, sogar Eukalyptus. Mit der Zeit wird es süßer – Marzipan, Honigmelone, ein bisschen Gebäck.
Was mich beeindruckt hat, ist, wie sich die Aromen entwickeln. Der Whisky ist ständig in Bewegung. Er zwingt dich dazu, innezuhalten, nochmal zu riechen, nochmal zu denken. Es ist, als würde er dir Stück für Stück seine Geschichte erzählen.
Der Geschmack: Tiefe, die sich entfaltet
Am Gaumen ist der Octomore 13.3 überraschend weich. Ich hatte mit einem Schlag gerechnet, mit einem Geschmack, der überrollt. Stattdessen kommt erst eine Süße – brauner Zucker, Honig – dann ein Hauch von Zitrus und Meersalz.
Der Rauch ist da, keine Frage. Aber er drängt sich nicht auf. Er bleibt im Hintergrund, fast schon höflich, lässt Platz für Kokosnuss, Biskuit, sogar ein wenig Marzipan. Mit jedem Schluck verändert sich das Bild. Und das macht ihn so spannend.
Was ich besonders schätze: Dieser Whisky fordert heraus, ohne zu überfordern. Man muss sich auf ihn einlassen, ja. Aber wer das tut, wird belohnt. Es gibt keinen Moment, in dem er langweilt. Und das ist selten.
Der Abgang: Salz, Frucht und leiser Rauch
Im Nachklang kommt alles nochmal zusammen. Der Rauch wird stärker, der maritime Charakter kommt durch. Warmer Sand, Zitrone, Honig – und dann plötzlich etwas Frucht: Birne, Pfirsichkompott. Der Whisky bleibt lange am Gaumen, ohne jemals anstrengend zu werden.
Ich habe den Abgang als angenehm trocken empfunden, aber nie bitter. Auch das ist ein Zeichen für Qualität. Die Süße bleibt lange, aber nicht klebrig. Es ist ein stilles Verabschieden – nicht laut, nicht abrupt, sondern mit einem Augenzwinkern.
Für wen ist dieser Whisky gemacht?
Octomore 13.3 ist kein Einsteiger-Whisky. Wer gerade erst anfängt, sich mit Islay-Tropfen zu beschäftigen, könnte überfordert sein. Aber wer schon ein paar rauchige Abfüllungen kennt und etwas sucht, das anders ist – der sollte hier genau hinsehen.
Er erinnert mich ein bisschen an einen wuchtigen Rotwein: nicht für jeden Tag, aber für die Momente, in denen man sich bewusst Zeit nimmt. Und genau das verlangt dieser Whisky auch: Zeit.
Er passt zu besonderen Gelegenheiten. Zum Beispiel, wenn man Freunde zu Besuch hat, die etwas Neues entdecken wollen. Oder wenn man selbst das Bedürfnis verspürt, die Dinge langsamer anzugehen. Er verlangt Aufmerksamkeit – aber nicht, weil er laut ist, sondern weil er viel zu sagen hat.
Preis-Leistung: Ist er es wert?
Der Preis liegt deutlich über dem Durchschnitt. Über 300 Euro für eine Flasche – das ist nicht wenig. Aber wenn man bedenkt, was dahintersteckt – die lokale Gerste, die Fassauswahl, der hohe Alkoholgehalt, der torfige Charakter – dann relativiert sich das.
Ich sehe diesen Whisky nicht als alltäglichen Begleiter. Sondern als Flasche, die man öffnet, wenn man sich selbst oder jemand anderem etwas Besonderes gönnen möchte. Man schmeckt, dass hier nicht gespart wurde – weder an der Zeit, noch an den Zutaten.
Was mir ebenfalls gefällt: Der Octomore 13.3 ist limitiert. Keine Massenware. Wer eine Flasche hat, hält ein Stück echter Handwerkskunst in Händen. Das spürt man. Und das macht ihn zu etwas Besonderem.
Persönliches Fazit
Octomore 13.3 ist kraftvoll, aber nicht brutal. Komplex, aber nicht überfordernd. Er erzählt eine Geschichte – von einer kleinen Farm auf Islay, von Fässern, die um die halbe Welt gereist sind, und von Menschen, die wissen, was sie tun.
Ich werde ihn nicht jeden Abend trinken. Aber ich werde mich auf jeden Schluck freuen. Und ich bin ziemlich sicher, dass es vielen anderen genauso gehen wird. Er ist ein Whisky für Menschen, die das Besondere suchen – und bereit sind, ihm zuzuhören.