Octomore 13.1: Ein persönlicher Blick auf einen rauchigen Giganten
Wenn ich an den Octomore 13.1 Whisky denke, erinnere ich mich an diesen einen stürmischen Abend im Spätherbst. Es war kalt, regnerisch, und ich hatte gerade ein langes Wochenende vor mir. Ich suchte etwas Besonderes, nichts Alltägliches. Etwas, das mich innerlich wärmt und gleichzeitig fordert. Und da stand er: die Flasche Octomore 13.1. Bereits der erste Schluck hat mich überrascht – nicht nur wegen des massiven Rauchs, sondern wegen der Vielschichtigkeit, die man ihm auf den ersten Blick gar nicht zutraut.
Mit einem Phenolgehalt von 137,3 ppm gehört er zu den intensivsten Torf-Bomben, die man im Glas haben kann. Das allein macht ihn schon spannend. Doch es ist diese überraschende Balance aus wilder Kraft und präziser Struktur, die mich nicht mehr losgelassen hat. Und so wurde aus einem neugierigen Probieren eine regelmäßige Rückkehr zu genau diesem Ausdruck von Islay.
Herkunft und Herstellung: Die Basis des Octomore 13.1
Produziert wird der Octomore 13.1 in der traditionsreichen Bruichladdich-Brennerei auf Islay. Die Brennerei ist bekannt dafür, gern Konventionen zu hinterfragen. Octomore ist das beste Beispiel dafür. Die Gerste stammt zu 100 % aus Schottland – genauer gesagt handelt es sich um Concerto-Gerste, die im Jahr 2015 geerntet wurde. Destilliert wurde sie 2016. Man merkt bei jedem Schluck, wie sorgfältig hier gearbeitet wurde.
Was ich besonders interessant finde: Gereift wurde dieser Whisky in First-Fill-Fässern aus amerikanischer Eiche, die zuvor Bourbon enthielten. Diese Fässer bringen Noten von Vanille, Kokos und Gewürzen mit. Im Jahr 2021 hat man den Whisky nochmals in frische Fässer umgefüllt. Eine Maßnahme, die nicht selten zu einem deutlich differenzierteren Aromaprofil führt. Und das spürt man hier deutlich.
Dazu kommt, dass Octomore-Whiskys bewusst in relativ jungem Alter abgefüllt werden – beim 13.1 sind es gerade einmal fünf Jahre. Die Idee dahinter ist, die volle Kraft und Klarheit der Destillation nicht zu verstecken. Man bekommt keine Altersmilde, sondern pure Intensität. Wer das schätzt, wird belohnt.
Tasting-Erlebnis: Aromen und Geschmack
Nase: Rauch trifft auf Frucht und Würze
Als ich das erste Mal daran gerochen habe, war ich kurz irritiert. Ich hatte erwartet, von purem Rauch erschlagen zu werden. Aber es kam anders. Natürlich ist der Rauch präsent – aber darunter liegen Schichten von süßem Malz, gerösteten Nüssen und reifen Früchten. Ich dachte an getrocknete Aprikosen, Birnenkompott und ein bisschen Vanillepudding. Dazu ein Hauch Kokos – nicht zu süß, sondern fein eingebunden. Ein leicht medizinischer Ton ist da, aber nie aufdringlich.
Ich habe mir beim zweiten Glas mehr Zeit genommen und noch weitere Nuancen entdeckt: ein wenig angebrannter Toast, etwas Tabak, vielleicht auch ein Hauch Leder. In Kombination mit der Fruchtsüße ergibt sich ein Bild, das komplexer ist, als es der erste Eindruck vermuten lässt.
Gaumen: Vielschichtig, wuchtig, überraschend
Der Antritt ist kräftig. Kein Wunder bei 59,2 Volumenprozent. Aber der Alkohol brennt nicht. Er trägt die Aromen. Erst kommt diese ölige Süße, dann direkt der Rauch. Aber nicht wie ein Lagerfeuer – eher wie Räucherwerk auf nassem Stein. Danach entwickeln sich Noten von geröstetem Getreide, Müsli mit Honig, etwas Zitrus. Man schmeckt, dass der Whisky jung ist, aber auch, wie gut er geführt wurde.
Was mich begeistert hat, war diese Mischung aus Fruchtigkeit und Würze. Ich hatte kurz den Eindruck von kandierten Mandeln, etwas Heidekraut und sogar Anklänge von dunkler Schokolade. Das klingt vielleicht nach viel – aber es ist stimmig. Der Rauch bleibt dabei ständig präsent, aber er dominiert nicht. Er begleitet.
Nach einigen Minuten im Glas wurde der Whisky weicher. Es kamen Noten von Toffee, vielleicht auch eine Art helles Karamell. Der Rauch verwandelte sich in eine sanftere, fast balsamische Komponente, ohne an Tiefe zu verlieren. So etwas bekommt man nicht jeden Tag geboten.
Abgang: Lang, intensiv und fordernd
Der Abgang ist kein kurzes Verabschieden. Er bleibt. Erst kommen wieder diese erdigen Noten, etwas feuchtes Moos vielleicht. Dann würziger Rauch, fast schon kräuterartig. Ich habe Salzzitrone wahrgenommen, kombiniert mit einem Hauch von Rosmarin. Und ganz zum Schluss eine florale Note – Geranie? Vielleicht auch Rose. Ungewöhnlich, aber interessant.
Am nächsten Tag hatte ich die Aromen noch im Kopf – nicht aufdringlich, sondern als feine Erinnerung an ein besonderes Erlebnis. Es ist dieses Nachhallen, das mir zeigt, wie stark ein Whisky nachwirken kann, wenn er Substanz hat.
Persönliche Einschätzung: Für wen ist der Octomore 13.1 geeignet?
Wenn du gerade erst in die Welt von rauchigen Whiskys eintauchst, würde ich dir diesen hier nicht als ersten empfehlen. Dafür ist er zu intensiv. Aber wenn du bereits ein paar Islay-Whiskys kennst und offen bist für etwas, das deine Sinne wirklich herausfordert – dann solltest du dir Octomore 13.1 mal ganz in Ruhe gönnen.
Ich persönlich trinke ihn nicht jeden Tag. Es ist ein Whisky für besondere Momente. Für Abende, an denen man abschalten will, Musik hört oder sich in ein gutes Buch vertieft. Er passt auch gut zu kräftigen Käsesorten oder dunkler Schokolade. Was ihn für mich besonders macht, ist die Tatsache, dass er trotz seiner Intensität nicht eindimensional wirkt.
Ich habe ihn sogar einmal zu einem Stück Blauschimmelkäse serviert – eine gewagte Kombination, aber sie hat funktioniert. Der salzige, kräftige Käse wurde vom Rauch perfekt eingefangen, während die Süße des Whiskys einen Gegenpol bildete. Ein echter Genuss.
Lagerung, Trinkweise und persönliche Empfehlungen
Ich trinke den Octomore 13.1 am liebsten pur – bei Zimmertemperatur. Ein paar Tropfen Wasser können helfen, die Aromen noch weiter zu öffnen. Ich verwende gern ein Nosing-Glas, weil ich die verschiedenen Geruchsebenen so besser wahrnehmen kann.
Zur Lagerung: Die Flasche sollte aufrecht stehen, dunkel und möglichst konstant temperiert gelagert werden. Ich lagere meine Flaschen nicht im Wohnzimmerregal, sondern in einem kleinen Schrank im Flur – weit weg von Heizkörpern und direktem Licht.
Wenn Gäste zu Besuch sind, serviere ich diesen Whisky nur, wenn ich weiß, dass sie sich auf etwas Intensives einlassen wollen. Er ist nichts zum schnellen Wegsippen. Er verlangt Aufmerksamkeit – und das sollte man ihm auch geben.
Es lohnt sich, ihn auch einmal mit verschiedenen Temperaturen zu probieren. Leicht gekühlt entfaltet er andere Aromen als bei Zimmertemperatur – weniger Frucht, mehr Würze. Das kann eine spannende Erfahrung sein, gerade wenn man mit Freunden verschiedene Varianten nebeneinander verkostet.
Fazit: Ein Whisky, der nicht jedem gefallen will – und das ist gut so
Octomore 13.1 ist kein Whisky, der sich anbiedert. Er fordert. Er polarisiert. Und genau das schätze ich an ihm. Für mich ist er eine Erinnerung daran, wie spannend Whisky sein kann, wenn man sich nicht mit Mittelmaß zufriedengibt. Er ist laut, aber nicht plump. Kraftvoll, aber kontrolliert. Und wenn man ihm Zeit gibt, zeigt er Seiten, die man ihm anfangs vielleicht gar nicht zutraut.
Ich bin sicher, dass ich ihn nicht zum letzten Mal im Glas hatte. Und ich freue mich schon darauf, ihn mit Freunden zu teilen, die den Mut haben, sich auf ihn einzulassen. Für mich ist Octomore 13.1 nicht nur ein Whisky, sondern eine Art Konversation – zwischen Tradition, Experiment, Natur und dem eigenen Geschmackssinn. Und solche Gespräche führe ich gern, immer wieder.