Glenmorangie 12 Jahre Whisky – Eine ehrliche Analyse
Eine persönliche Begegnung mit einem Klassiker
Es gibt Whiskys, an denen kommt man einfach nicht vorbei. Glenmorangie gehört definitiv dazu. Ich erinnere mich noch genau an meine erste Begegnung mit der Destillerie – ein Freund stellte mir damals den 10-jährigen vor, und ich war sofort beeindruckt. Weich, zugänglich, aber trotzdem voller Charakter. Nun gibt es eine 12-jährige Version. Zwei Jahre mehr – klingt erstmal nach einer kleinen Veränderung, aber in der Welt des Whiskys kann das eine Menge bedeuten. Ich wollte es genau wissen: Wie beeinflusst diese Zeit den Geschmack? Und vor allem – lohnt sich der Umstieg wirklich?
Ein Blick auf die Destillerie – Wo Tradition auf moderne Ideen trifft
Glenmorangie hat eine lange Geschichte, die bis ins Jahr 1843 zurückreicht. Seitdem hat sich die Destillerie immer wieder neu erfunden, ohne ihre Wurzeln zu vergessen. Ein spannendes Detail, das mir besonders aufgefallen ist: Glenmorangie besitzt die höchsten Brennblasen in Schottland. Über fünf Meter ragen sie in die Höhe – das sorgt dafür, dass nur die leichtesten Dämpfe es in den finalen Whisky schaffen. Das Ergebnis? Ein unglaublich sanftes und elegantes Destillat.
Doch trotz dieser traditionellen Technik ist Glenmorangie alles andere als festgefahren. Die Brennerei experimentiert viel mit Fassreifungen und neuen Ansätzen. Der Wechsel von zehn auf zwölf Jahre Reifung zeigt einmal mehr, dass Stillstand keine Option ist. Aber war das wirklich eine kluge Entscheidung?
Warum 12 Jahre? Was steckt hinter dieser Entscheidung?
Zehn Jahre waren lange Zeit das Markenzeichen von Glenmorangie. Warum also plötzlich zwei Jahre mehr? Die Destillerie selbst erklärt, dass die längere Reifung für eine intensivere Geschmackstiefe sorgt. Die typischen fruchtigen Noten sollen harmonischer mit der Würze des Holzes verschmelzen. Soweit die Theorie.
Aber was bedeutet das in der Praxis? Ich habe mir eine Flasche besorgt und sie nicht nur für mich alleine probiert, sondern auch in einer kleinen Runde mit Freunden. Jeder hat seine eigenen Vorlieben, und genau das macht es so spannend. Ein Whisky kann auf unterschiedliche Menschen ganz verschiedene Wirkungen haben – ich wollte sehen, ob die zusätzliche Reifezeit wirklich einen Unterschied macht.
12 Jahre Geduld – Was passiert im Fass?
Whisky ist eine Geduldsprobe. Man kann ihn nicht hetzen, nicht künstlich altern lassen – er braucht Zeit. Glenmorangie setzt bei der 12-jährigen Abfüllung auf amerikanische Eichenfässer, die vorher mit Bourbon belegt waren. Das bedeutet, dass der Whisky über die Jahre hinweg Vanille, Karamell und eine sanfte Würze aus dem Holz aufnimmt.
Mit zwei Jahren mehr in diesen Fässern intensiviert sich dieser Prozess. Es verdunstet Flüssigkeit – der berühmte „Angels‘ Share“ – wodurch sich die Aromen konzentrieren. Die langsame Wechselwirkung mit der schottischen Luft sorgt dafür, dass sich der Whisky immer weiter entwickelt. Aber reicht das aus, um aus einem guten Whisky einen herausragenden zu machen?
Tasting Notes – Wie schmeckt Glenmorangie 12 Jahre wirklich?
Farbe
Der erste Eindruck? Warmes Gold mit leicht bernsteinfarbenen Reflexen. Kein riesiger Unterschied zum 10-Jährigen, aber minimal dunkler. Das Holz hat hier in den zwei zusätzlichen Jahren sichtbar gearbeitet.
Nase
Beim ersten Schnuppern fällt mir sofort auf: Das ist ein Glenmorangie, keine Frage. Frische Zitrusnoten, Vanille und eine angenehme Süße. Aber da ist noch mehr. Leichte Mandelnoten, ein Hauch von Honig, eine Nuance von geröstetem Holz. Und dann – ganz dezent – ein bisschen Muskat und vielleicht sogar ein Hauch von Zimt. Das macht neugierig.
Lasse ich ihn eine Weile im Glas stehen, entfalten sich die Aromen noch mehr. Jetzt kommt eine blumige Komponente dazu, fast wie Jasmin. Das ist ein Whisky, der nicht gleich alles preisgibt – er fordert Geduld, aber genau das macht ihn spannend.
Gaumen
Der erste Schluck bestätigt den Eindruck aus der Nase. Die Textur ist angenehm weich, fast cremig. Glenmorangie war schon immer ein sanfter Whisky, aber hier gibt es mehr Tiefe. Die Fruchtigkeit tritt etwas zurück, stattdessen kommt eine leicht würzige Note ins Spiel. Vanille bleibt dominant, doch dazu gesellen sich geröstete Nüsse, eine feine Karamellsüße und dunkle Schokolade. Der Whisky spielt mit der Balance zwischen Süße und Würze – und das funktioniert erstaunlich gut.
Nach ein paar Sekunden wird es noch interessanter. Eine leichte Pfeffernote taucht auf, bleibt aber subtil. Dann kommt das Holz stärker durch, aber ohne aufdringlich zu sein. Das alles wirkt sehr harmonisch – die zwei Jahre mehr haben ihm definitiv gutgetan.
Nachklang
Der Abgang ist spürbar länger als beim 10-Jährigen. Die Süße bleibt, aber sie wird begleitet von einer dezenten Trockenheit. Eine Spur von geröstetem Kaffee, ein Hauch von dunklem Karamell. Und dann – fast überraschend – eine ganz leichte Orangenbitterkeit. Ich genieße den Nachklang, lasse ihn auf mich wirken. Glenmorangie hat hier tatsächlich an Tiefe gewonnen.
Wie schlägt sich der 12-Jährige im Vergleich zu anderen Glenmorangie-Abfüllungen?
Glenmorangie bietet eine ganze Palette spannender Abfüllungen. Ich wollte wissen, wo sich die neue 12-jährige Version einordnet und habe deshalb ein paar Vergleiche angestellt:
- Glenmorangie Lasanta 12 Jahre – Gereift in Sherryfässern. Viel schwerer, süßer und würziger. Wer Sherrynoten liebt, ist hier besser aufgehoben.
- Glenmorangie Quinta Ruban 14 Jahre – Nachgereift in Portweinfässern. Mehr Tiefe, dunkle Früchte, Schokolade. Für diejenigen, die einen kräftigeren Whisky bevorzugen.
- Glenmorangie Nectar d’Or – Sauternes-Fass-Finish. Extrem süß, fast wie ein Dessert. Perfekt für Fans von Honig- und Fruchtnoten.
Der 12-Jährige bleibt näher am klassischen Stil. Er gewinnt an Komplexität, ohne seine leichte, zugängliche Art zu verlieren. Wer Glenmorangie bisher mochte, wird hier nicht enttäuscht.
Fazit – Lohnt sich der Umstieg?
Jetzt die große Frage: Ist der Glenmorangie 12 Jahre besser als sein Vorgänger? Ganz ehrlich – ja, aber es kommt darauf an, was man sucht. Wer den 10-Jährigen liebt, wird hier eine vertraute, aber ausgereiftere Version finden. Mehr Tiefe, mehr Würze, ein längerer Nachklang. Er bleibt ein perfekter Whisky für Einsteiger, bietet aber genug Komplexität, um auch erfahrene Genießer zu überzeugen.
Persönlich? Ich sehe den 12-Jährigen als gelungene Weiterentwicklung. Er wird sicher seinen Platz in meiner Hausbar behalten – und ich bin gespannt, wie er sich im Vergleich zu zukünftigen Experimenten von Glenmorangie schlägt. Eine Flasche ist jedenfalls schon fest für den nächsten Abend mit Freunden eingeplant.