Ein Whisky, den man nicht vergisst – Highland Park 21 Jahre
Es war an einem verregneten Spätsommerabend in Hamburg, als ich das erste Mal mit dem Highland Park 21 Jahre in Berührung kam. Ein Freund hatte ihn mitgebracht – nicht in der Absicht zu beeindrucken, sondern eher beiläufig. Fast so, als wolle er sagen: “Probier den mal. Ohne viele Worte.” Ich wusste nicht, was mich erwartete, aber der Name war mir vertraut. Und ich war neugierig.
Ein Ort, der geprägt hat: Die Orkney-Inseln
Wer Whisky mag, interessiert sich irgendwann auch für die Orte, an denen er entsteht. Bei Highland Park ist das besonders spannend. Die Brennerei liegt auf Mainland, einer der größeren Inseln der Orkney-Gruppe ganz im Norden Schottlands.
Das Klima dort ist rau. Wind gehört zum Alltag. Sonne sieht man eher selten. Und genau das hinterlässt Spuren. Die Reifung des Whiskys dort oben läuft nicht wie im Süden des Landes. Der Temperaturwechsel ist moderater, die Luftfeuchtigkeit hoch, der Einfluss des Meeres allgegenwärtig.
Ich war selbst mal auf Orkney. Es war außerhalb der Saison – kaum Touristen, viel Wind, überall dieser eigenartige, salzige Geruch in der Luft. Die Leute dort sind zurückhaltend, aber herzlich. Und irgendwie spiegelt sich das auch im Charakter der Whiskys wider, die dort entstehen: Unaufgeregt. Klar. Direkt.
Fassreifung: Die unsichtbare Hand
Was beim Highland Park 21 Jahre sofort auffällt: Die Balance. Da ist nichts vordergründig oder übertrieben. Das kommt nicht von ungefähr. Die Auswahl und Kombination der Fässer ist entscheidend.
Verwendet werden hauptsächlich Eichenfässer, die zuvor mit Sherry befüllt waren – sowohl aus europäischem als auch amerikanischem Holz. Die europäischen Fässer bringen oft würzige, kräftige Noten. Die amerikanischen sind eher für vanillige, süßere Aromen zuständig.
Was mir besonders gefällt: Es wirkt nicht geplant, sondern gewachsen. Die Aromen sind nicht einfach nur da – sie sind miteinander verwoben. Man merkt, dass da jemand mit Geduld gearbeitet hat. Nicht nach Rezept, sondern mit Gefühl.
Tasting: Was passiert im Glas?
Ich habe den Highland Park 21 Jahre mittlerweile mehrfach verkostet – immer zu anderen Gelegenheiten. Mal allein. Mal mit Freunden. Mal ganz bewusst. Und jedes Mal zeigt er sich ein wenig anders.
Beim ersten Riechen kommt mir meist eine Mischung aus dunklen Früchten und etwas, das an alten, polierten Holzboden erinnert. Nicht unangenehm – im Gegenteil. Eher so, wie ein vertrauter Geruch aus der Kindheit, den man nicht sofort benennen kann.
Im Mund entfaltet sich eine dichte Textur. Da ist Dörrobst, dunkler Honig, ein Hauch von gerösteten Nüssen. Die Rauchnote ist da – aber sie dominiert nicht. Sie legt sich wie ein Schleier darüber, nicht wie ein Mantel.
Der Nachklang ist lang. Warm. Und ja – auch ein bisschen salzig. Fast so, als würde man noch eine Erinnerung schmecken.
Persönliche Momente mit Tiefe
Ich erinnere mich an einen Winterabend mit meinem Vater. Kamin, leise Musik, draußen lag Schnee. Er trinkt selten Alkohol, aber an dem Abend hat er ein Glas mit mir geteilt. Wir saßen lange schweigend da, jeder mit seinen Gedanken. Aber in dem Moment war etwas zwischen uns – schwer zu beschreiben.
Der Whisky war ein Teil davon. Nicht Mittelpunkt, aber Verbindung. Und genau das ist es, was solche Tropfen ausmachen können.
Vergleich zu anderen Whiskys
Ich habe viele Whiskys probiert – von Einsteiger-Abfüllungen bis zu sehr alten Tropfen. Der Highland Park 21 Jahre reiht sich dabei nicht unbedingt ganz oben ein, was Prestige betrifft. Aber er spielt in einer eigenen Liga.
Im Vergleich zu anderen gereiften Whiskys aus Schottland fällt auf: Er bleibt zugänglich. Keine übertriebene Holzlast, keine klebrige Süße. Man merkt seine 21 Jahre – aber er trägt sie mit Leichtigkeit.
Ein GlenDronach 21, zum Beispiel, wirkt schwerer, fast likörartig. Ein Talisker 18 ist rauer, maritimer. Der Highland Park liegt dazwischen. Und das macht ihn so interessant.
Food Pairing? Ja, aber gezielt
Ich bin kein Fan davon, jeden Whisky mit Schokolade oder Käse zu kombinieren – manchmal wirkt das erzwungen. Aber es gibt Ausnahmen.
Zu einem Stück gut gereiftem Comté oder altem Gouda passt dieser Tropfen erstaunlich gut. Die nussigen Noten des Käses greifen die Holznoten des Whiskys auf. Auch ein einfaches, dunkles Roggenbrot mit gesalzener Butter kann dazu wunderbar funktionieren – klingt banal, funktioniert aber hervorragend.
Die Sache mit dem Preis
Es wäre gelogen zu sagen, dieser Whisky sei ein Schnäppchen. Er gehört zur Kategorie der Luxusprodukte – keine Frage.
Aber: Er ist kein Blender mit Goldetikett. Der Preis spiegelt nicht nur die Dauer der Lagerung wider, sondern auch den Aufwand bei der Fassauswahl, die langsame Reifung, die Limitierung.
Ich habe schon deutlich teurere Tropfen getrunken, die weniger Tiefe hatten. Und auch einige günstigere, die sehr gut waren – aber nicht diese Entwicklung im Glas zeigten.
Man kann also sagen: Ja, er ist teuer. Aber er liefert auch ab.
Die Flasche als Objekt
Optisch ist die Flasche solide. Kein übertriebenes Design, eher traditionell. Schwer in der Hand, mit einem stabilen Korken. Die Etikettierung ist klar, nichts Verspieltes.
Was mir gefällt: Sie versucht nicht, modern zu sein. Sie bleibt dem Stil der Brennerei treu – das passt zum Inhalt.
Wann trinke ich ihn – und wann nicht?
Ich öffne diese Flasche nicht bei jeder Gelegenheit. Das liegt nicht nur am Preis, sondern auch am Anspruch. Ich möchte aufmerksam sein, wenn ich ihn trinke.
Er eignet sich für ruhige Abende, aber auch für Gespräche, die mehr als Smalltalk sind. Für Momente, in denen man nicht nur trinkt, sondern erlebt.
Nicht für Partys. Nicht für schnelle Drinks. Dafür ist er zu schade.
Kann man ihn lagern?
Klar, kann man. Ich kenne Sammler, die ihn nie geöffnet haben. Aber ehrlich gesagt: Dafür ist er nicht gemacht.
Wenn man ihn hat, sollte man ihn trinken. Nicht verschwenden – aber genießen. In guten Momenten. Mit Menschen, die es schätzen.
Was mir besonders hängen bleibt
Es ist nicht nur der Geschmack. Es ist das Gesamtbild. Die Herkunft, die Reifung, die Entwicklung im Glas.
Und vielleicht auch die Tatsache, dass dieser Whisky nicht versucht, zu gefallen. Er ist da – so wie er ist. Und das macht ihn für mich so besonders.
Ein letzter Gedanke
Manchmal frage ich mich, wie viele solcher Tropfen man im Leben wirklich braucht. Vielleicht gar nicht so viele. Aber ein paar sollten dabei sein, die man nicht vergisst.
Der Highland Park 21 Jahre gehört für mich in diese Kategorie. Und solange ich noch ein paar Gläser davon im Schrank habe, weiß ich, dass ich immer wieder zu diesem Gefühl zurückkehren kann.